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Das Landleben lockt sogar diejenigen, die sich nichts aus ihm machen.

Fernando Pessoa

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Projekt INCOME

Innovative Arbeitsmodelle, Einkommenskombinationen und Qualifizierungskonzepte für eine zukunftssichere Nutzung regionaler Ressourcen von Menschen und Natur

Die Landwirtschaft in der Elbe-Elster-Region ist trotz Rückgang der Beschäftigten (von 1990 bis 1996 um 80 %) immer noch größter Arbeitgeber der Region. Auch sind viele Arbeitsplätze in der Braunkohleindustrie weggefallen. Um vorhandene Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen, gilt es, die landwirtschaftliche Produktion zu fördern, aber auch neue Einkommensfelder zu erschließen.

Schafe an der Elbe

Gleichzeitig dient eine umweltgerechte, landwirtschaftliche Produktion der Pflege und Erhaltung der agrarisch geprägten Kulturlandschaft im südwestlichsten Bereich des Landes Brandenburg. INCOME fördert diese Entwicklung in einem beispielhaften regionalen Zusammenspiel von Behörden, Verbänden, Landwirtschaftsbetrieben und durch die Kooperationen von Direktvermarktern, die im Projekt neu begründet wurde.

Die Entwicklungswerkstatt - ein ermutigendes Erlebnis

Diese Entwicklungswerkstatt wird sicher der vorläufigen Höhepunkt des landwirtschaftlichen und regionale Entwicklungsprojektes INCOME für die Elbe-Elster-Region werden. Da war sich Ingeborg Bieler, die Projektleiterin aus Berlin sicher. Sie sah, dass Menschen aus allen Gruppierungen gekommen waren, auf deren Teilnahme sie mit dem Projektteam seit Monaten hingearbeitet hatte. Alle waren auf das Thema "Direktvermarktung" eingestellt. Zwei Tage würde man in diesen schönen Räumen ungestört zusammen arbeiten können. Viele Gespräche waren vorher zu führen gewesen, zuerst mit dem Arbeitsamt in Bad Liebenwerda, um die 5 ABM-Stellen für das Projektteam loszueisen.

Die richtigen Frauen hatte sie gefunden, gleich drei mit Erfahrungen in der Landwirtschaft bis hin zum agrarischen Hochschulstudium. Eine war fix am Computer, eine andere kam aus der Tourismusbranche. Mitgezogen hatten schließlich, trotz manch anfänglicher Bedenken, Gewerkschaft und Bauernverband, örtlich tätige Verbände und Vereine, die Naturparkverwaltung, der Wirtschaftsförderer und die Landkreisverwaltung. Letzere waren besonders hilfreich bei der vorbereitenden Recherche bei 93 direktvermarktenden Betrieben in der Region gewesen, mit deren Vorstellung das Projektteam gleich zu Beginn die Teilnehmenden auf gleichen Kenntnisstand bringen wird. Daten zur Wirtschaftsstruktur im Agrarsektor, zur Direktvermarktung und zum Qualifikationsbedarf der Arbeitnehmer hatten sie zusammengetragen.

Kartoffelverkauf im Hofladen, Frischfleisch vom Kaninchenzüchter oder Spargel direkt vom Feld wurden zwar schon angeboten, aber die Potenziale scheinen bei weitem nicht ausgeschöpft. Neugierig hatte auch die Person des Moderators gemacht, Prof. Dr. Peter Sauer, Professor für Sozial- und Arbeitsmarktpolitik an der Ev. Fachhochschule in Berlin, der nun weißhaarig, Kompetenz und Ruhe ausstrahlend, vor der Gruppe stand. Durchgesickert war, dass er lange in Afrika für die Entwicklungshilfe gearbeitet hatte und die dort erfolgreichen Methoden kannte und dass er derzeit mit Ministerien in Russland Planspiele durchführte. Er wird mit klaren, auf dem Lande noch nie erlebten Methoden- und Ablaufvorschlägen dafür sorgen, dass die Dinge nicht zerredet sondern auf den Punkt gebracht werden.

Flipchart

Zu sehen war, dass mit Stellwänden, Plakaten, bunten Kärtchen und sogar einem Dorfmodell aus hübschen kleinen Häuschen, Gärten und Straßen gearbeitet werden soll. Doch vorher gab es die gegenseitige Vorstellungsrunde. Da waren "Regionale Akteure", Behördenvertreter und das Projektteam, besonders aber landwirtschaftliche Produzenten und Arbeitnehmer gekommen, insbesondere solche, die eine landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit fortführen wollen oder eine Unternehmensgründung beabsichtigen, Direktmarkter oder solche, die das werden wollen.

Ingeborg Bieler erinnerte sich an manches schwierige Gespräch: "Mit dem kann ich nicht", hatte sie mehr als einmal gehört. Sie hatte versucht, sich aus lokalem Kompetenzgerangel herauszuhalten. Ein nächstes Mal würde sie konsequent und von Anfang an auf konfliktvermittelnde Methoden, auf Mediation, setzen.

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Die Idee "Grüner Markt" wird geboren

Bald bemerken die Anwesenden: Dem Moderator ging es nie darum, Vorschläge zur besseren Direktvermarkung selbst zu machen, aber er verstand es meisterhaft, den im Raum versammelten Sachverstand, die unterschiedlichen und sich ergänzenden Erfahrungen zusammenzuführen und auf gut strukturierten und sauber geschriebenen Plakaten festzuhalten - kein Gedanke geht verloren. Sein methodisches Voranschreiten ist folgerichtig: Nach der Analyse der Ausgangssituation werden mit Spaß Wünsche ausgetauscht um gemeinsame Visionen und Zukunftsszenarien für Alternativen zu entwickeln. Spannend wird dann die Landung auf dem Boden des Machbaren. Einige der denkbaren Alternativen heißen Ab-Hof-Verkauf, Marktscheune, Verkaufswagen, Regionaler Korb, Gründung einer Interessengemeinschaft Direktvermarktung und eben Erzeugermarkt.

Grüner Markt

Eine Machbarkeitseinschätzung folgt, genügend Wissen über Käuferpotenzial, Einwohnerdichte, lokale Marktordnungen, Rechts- und Hygienevorschriften sowie Kenntnis der Erzeuger, die gerne einbezogen werden wollen, waren im Raum ja vorhanden. Die Idee Erzeugermarkt stellt sich eindeutig als Favorit heraus, erstmals durchzuführen in etwa einem halben Jahr als "Grüner Markt" in Elsterwerda. Doch fielen die anderen Ideen nicht unter den Tisch.

Wie die weitere Entwicklung zeigte, wurde manches davon zusätzlich verwirklicht, sei es als Teil des Marktprojekts, sei es in einer anderen Form regionaler Kooperation. Prof. Sauer ist mit diesem Ergebnis noch nicht zufrieden. Intensiv werden die Rahmenbedingungen analysiert um den ersten "Grünen Markt" planen zu können. Die Aufgaben in der Vorbereitung werden in eine Projekt-Planungs-Übersicht eingetragen und zumeist von Anwesenden auf dem Wege der Selbstverpflichtung übernommen. Schließlich sind es die eigenen Ideen, die nun auch verwirklicht werden sollen: Werbung, Verhandlungen mit der Stadt und der Lebensmittelüberwachung, Vorbereitung der Besucher-Befragung usw.

Der Grüne Markt Elsterwerda wird zur Tradition

Dann, am 15. Mai 1999, einem herrlichen Frühjahrstag - bei entsprechender Vorbereitung scheint selbst das Wetter planbar - hatte der "Grüne Markt" seine Premiere in Elsterwerda. Mit Unterstützung der Stadtverwaltung organisiert, unter Nutzung von Ständen aus dem Naturpark, übertraf dieser Markt alle Erwartungen seitens der Anbieter, des Projektteams und der durch gute Pressearbeit vorbereiteten Verbraucherschaft.

Grüner Markt

Die Qualität und Frische der Produkte sowie die Atmosphäre des Bauernmarktes überzeugten die Käufer. Da hätte es Vorführungen von Brauchtum oder alter Arbeitstechniken, wie öffentliches Butterstampfen in der herkömmlichen Tracht, gar nicht bedurft. Die Auswertung zeigte: Die Verbraucher lassen ihr Geld besonders dann gerne in der Region, wenn sie Qualität dafür bekommen. Nach dem erfolgreichen Auftakt folgten 1999 noch vier weitere Erzeugermärkte in Elsterwerda. Für 2000 sind sechs "Grüne Märkte" vorgesehen.

INCOME machte es sich zum Prinzip, für möglichst viele der in der regionalen Zusammenarbeit und Marktvorbereitung benötigten Fertigkeiten Qualifizierungen anzubieten. Wie ein roter Faden zog sich die Frage durch das Projekt: Was kann, was muß neu gelernt werden, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in landwirtschaftlichen Betrieben zu qualifizieren für eine Verbesserung ihrer herkömmlichen Aufgaben, für Tätigkeiten, die zukünftige Einkommensmöglichkeiten ihrer Betriebe erfordern?

Malin Walter, Leiterin der Naturparkverwaltung:

"Wir fördern seit jeher einen naturverträglichen Tourismus und eine ressourcenschonende Landnutzung. Den Aufbau regionaler Vermarktungsstrukturen und Wirtschaftskreisläufe haben wir bei der Mitarbeit an INCOME als ein Ziel für Tourismus und für Landwirtschaft erkannt. Inzwischen haben wir eine effektive und sichtbar erfolgreiche Zusammenarbeit aufgebaut."

Die Fähigkeit zur ständigen Anpassung an Arbeits- und Betriebsveränderungen sollte vorbereitet werden. Gemeinsam erlebten die Prozeßbeteiligten, dass die Organisation der Märkte, die Information und die Einbeziehung aller beteiligten Institutionen, die Beratung der Anbieter und Vermittlung der notwendigen Kenntnisse viel Zeit in Anspruch nahm. Doch ermöglichte dies dem ADAPT-Team das notwendige Vertrauen in seine Arbeit mit den Betrieben aufzubauen.

Wer an Teilen des Projektes mitarbeitete sollte einen persönlich verwertbaren Vorteil davon haben. "Da wir keine Peitsche zur Verfügung hatten, mußten wir Zuckerbrot anbieten" sagt dazu Ingeborg Bieler. So gab es werbegrafische Gestaltungskurse, in denen sofort verwendbare Hof- oder Produktprospekte hergestellt wurden. Mit Hilfe der Leittextmethode wird ein "Leitfaden Grüner Markt" erstellt, der als Arbeitsgrundlage und Hilfsmittel für die Organisation und Durchführung solcher Erzeugermärkte in anderen Regionen genutzt werden kann.

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Gutes vom Lande

Verbesserte Beschäftigungs- und Einkommenssicherung kann nur gelingen, wenn die Betriebe sich zu Marktgemeinschaften zusammenschließen. Mit Unterstützung der direktvermarktenden Landwirtschaftsbetriebe und des Handwerks wurde für den gesamten Landkreis eine Broschüre "Gutes vom Lande - aus dem Elbe-Elster-Kreis" erstellt. Hier findet der Kunde in ansprechender Form Angaben zu Direktvermarktern und Handwerksbetrieben, von der Produktpalette bis hin zum Verkauf. Diese Broschüre fand großen Zuspruch und wurde auch auf der GRÜNEN WOCHE in Berlin - an potenzielle Gäste der Elbe-Elster-Region - verteilt.

Regionale Speisekarte

Kochtopf

In einer weiteren Entwicklungswerkstatt wurde die Aktion "Regionale Speisekarte" geplant: Wechselnde Angebote je nach Saision unter Verwendung heimischer Produkte. Erzeuger haben sich neue Absatzwege in der regionalen Gastronomie eröffnet, 21 Gaststätten bieten Regionale Speisekarten an. Dieser typischen INCOME-Beitrag zur Direktvermarktung in Verbindung mit Tourismusförderung fand eine gute überregionale Presseresonanz.

Ziel und Ergebnis

Das Projekt INCOME will das Verhältnis von Arbeitsmarkt, Strukturwandel und Qualifikationspotenzial für einen ausgewählten Bereich der Landwirtschaft in der Elbe-Elster-Region nachhaltig verbessern. Regionale Naturressourcen sollen erhalten, Menschen eine Arbeit finden und Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen werden, die beides im Blick haben.

Im Namenszug INCOME verbirgt sich ein Motto:

I NNOVATION
N ATURAL und HUMAN RESSOURCES
C OMPETENCE
O PTIMA
M OTIVATION
E VALUATION

Dafür wurde ein strategischer Rahmen für innovative Qualifizierungskonzepte, Modelle der Zusammenarbeit und Einkommenskombinationen entwickelt. INCOME ist für der Region und ihr Selbstbewußtsein wichtig geworden. Es hat Impulse gesetzt und Entwicklungen angeregt. Das zarte Pflänzchen der Zusammenarbeit bedarf nun weiter professioneller, gärtnerischer Pflege, um sich voll entfalten zu können.

 

Kooperationspartner

Agrargenossenschaft Oppelhain e.G.
Arbeitsamt, Bad Liebenwerda
Baumschule "Saathainer Mühle", Saathain
Hirschfelder Agrar GmbH, Hirschfeld
Industriegewerkschaft Bau-Agrar-Umwelt, BV
Kreisbauernverband Elbe-Elster e. V., Herzberg
Kreislandfrauenverband e. V., Herzberg
Landkreis Elbe-Elster, Hauptsitz in Herzberg
Michael Beindorf, Landwirtschaftsbetrieb, Beutersitz
Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft, Bad Liebenwerda
Regionale Wirtschaftsförderungsgesellschaft Elbe-Elster mbH, Herzberg
Schradenhof, Biolog.- extensive Landbau GmbH, Gröden
Teichwirtschaft Hammermühle, Lindena
Tourismusverband Elbe-Elster e. V., Bad Liebenwerda
sowie weitere landwirtschaftliche Betriebe, Handwerksbetriebe, Gaststätten und Institutionen

Förderung

Europäische Projektnummer: A-1997-D-1254
Gefördert durch den Europäischen Sozialfonds - Gemeinschaftsinitiative ADAPT, den Qualifizierungsfonds Land- und Forstwirtschaft QLF und die Bundesanstalt für Arbeit.

Mehr Informationen

Beim Projektträger sind weitere Unterlagen und die Erzeugeradressen erhältlich. Die Hefte "Gutes vom Lande-aus dem Elbe-Elster-Kreis" und "Regionale Speisekarte" hält die Naturparkverwaltung "Niederlausitzer Heidelandschaft" (Tel. 035341/615-0) bereit. Informationen zur Methode Entwicklungswerkstatt erteilt gerne das

Institut für Nachhaltige Regionalentwicklung in Europa
INFRA e.V. Berlin
Egelpfuhlstraße 14
13581 Berlin
Tel.: 030 / 3510 4391
Fax: 030 / 3510 4393
E-Mail: bielhen@t-online.de

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